Veranstaltung: | JEF Bundeskongress 2022 |
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Antragsteller*in: | JEF Saarland (dort beschlossen am: 17.09.2022) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 17.09.2022, 21:30 |
IA12: Kein neues Aghet
Titel
Antragstext
Das europäische Parlament hat am 18. Juni 1987 die Anerkennung des Völkermordes
an den Armeniern als Beitrittsvoraussetzung der Türkei in die EU aufgenommen und
somit als eine der ersten größeren internationalen Organisation die Massaker und
Todesmärsche von 1915 bis 1917 als Völkermord beschrieben. Weiterhin hat das EP
am 15.April 2015 in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. April
2015 zu dem 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern (2015/2590(RSP))
betont, dass „die rechtzeitige Verhütung und die wirksame Bestrafung von
Völkermorden und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu den vorrangigsten
Anliegen der internationalen Gemeinschaft und der Europäischen Union gehören
sollten“.
Der Bergkarabachkonflikt besteht in der Moderne seit 1918 und konnte innerhalb
der Sowjetunion eingehegt werden. Mit dem Zerfall der Sowjetunion flammte der
Konflikt 1992 auf. Nach einem Krieg mit schlimmsten Menschheitsverbrechen von
beiden Seiten ausgehend, erklärte sich die Republik Arzach für unabhängig.
Völkerrechtlich gehört die überwiegend von Armeniern besiedelte Region zu
Aserbaidschan. Im Jahr 2020 flammte der Konflikt neu auf. Mit Hilfe der von der
Türkei an Aserbaidschan gelieferten Bayraktar-Drohne und ca. 1000 (vermutlich
eher mehr) von der Türkei angeworbenen syrischen Söldnern[1] gelang es
Aserbaidschan große Teile Bergkarabachs aus der Autonomieverwaltung, welche
durch Armenien unterstützt wurde, zu erobern. Dies hatte 90.000 armenische
Flüchtlinge und 40.000 aserbaidschanische Flüchtlinge zur Folge. Seither gibt es
von Seiten Aserbaidschans auch in dieser Region Zerstörung des historischen
Erbes Armeniens, wie bspw. die Zerstörung von Kirchen.[2] Auch das Europäische
Parlament hat auf diese Art der Zerstörung von Kulturerbe in Bergkarabach
reagiert.[3]
Am 13. September 2022 griff Aserbaidschan mit unter anderen Waffen aus Russland
und der Türkei 39 Städte auf dem Staatsgebiet Armeniens an. Dies muss
Konsequenzen für die Zusammenarbeit der EU mit Aserbaidschan haben. Sollte die
EU weiterhin die „Kaviar-Diplomatie“ Aserbaidschans, einer wertegeleiteten
Außenpolitik vorziehen, so würde sie sich wie das Deutsche Kaiserreich von 1915
bis 1917 gegenüber den Armenier*innen verhalten. Leider sprechen derzeitige
Verhandlungen über eine Steigerung von Gaslieferungen aus Aserbaidschan in die
EU in dieser Hinsicht eine eindeutige Sprache. Diese Gespräche müssen sofort
gestoppt werden. Aus einer Abhängigkeit von russischem Gas herauszutreten, darf
nicht bedeuten, dass die EU in eine Abhängigkeit gegenüber aserbaidschanischem
Gas hineintritt.
- Die EU soll auch die Transaktionen der aserbaidschanischen Zentralbank
verbieten und alle ihre Vermögenswerte einfrieren sowie die Vermögenswerte
aserbaidschanischer Oligarch:innen ins Visier nehmen. Der
aserbaidschanischen Zentralbank werden zudem weitreichende Beschränkungen
für den Zugriff auf ihre Devisenreserven in der EU auferlegt.
- Die EU soll Exportverbote verhängen, die es Aserbaidschan unmöglich
machen, seine Ölraffinerien zu modernisieren.
- Die EU soll ein Embargo gegen per Schiff transportiertes
aserbaidschanisches Öl (mit Übergangsfristen) verhängen.
- Der EU-Luftraum soll für alle in aserbaidschanischen Besitz befindlichen,
in Aserbaidschan registrierten oder von Aserbaidschan kontrollierten
Flugzeuge geschlossen werden. Diese Flugzeuge sollen damit nicht mehr in
der Lage sein, im Gebiet der EU zu landen, zu starten oder es zu
überfliegen.
- Der Export, Verkauf und Lieferung oder Weitergabe von Flugzeugen und
Ausrüstung an aserbaidschanische Fluggesellschaften soll verboten werden -
zusätzlich alle damit verbundenen Reparatur-, Wartungs- und
Finanzdienstleistungen.
- Zudem sind in den EU-Ländern sowohl Häfen als auch Schleusen für
aserbaidschanische Schiffe zu sperren. Ausnahmen gelten u.a. für Schiffe,
die pharmazeutische, medizinische und landwirtschaftliche Erzeugnisse
sowie Lebensmittel transportieren.
- Die EU hat aserbaidschanischen Kraftverkehrsunternehmen die Einreise in
die EU zu untersagen; Ausnahmen gibt es u.a. für landwirtschaftliche
Erzeugnisse und Lebensmittel.
- Der Zugang Aserbaidschans zu wichtigen Schlüsseltechnologien wie
Halbleitern, modernster Software sowie zu Dual-Use-Gütern soll beschränkt
werden.
- Die Sanktionen sollen auch ein Importverbot von Holz, Zement und anderen
Produkten, die wichtige Einnahmequellen für Aserbaidschan darstellen
untersagen.
- Exportverbote für Chemikalien, die zur Waffenherstellung genutzt werden
können.
- Es soll ein Importverbot für aserbaidschanisches Gold verhängt werden.
- Diplomat:innen und verwandte Gruppen, sowie regierungstreue Oligarch:innen
verlieren ihren privilegierten Zugang zur Europäischen Union.
Individuelle Einschränkung von Personen und Einrichtungen:
- Die Sanktionen sollen sich jedoch primär an Staatspräsident İlhamHeydər
oğlu Əliyev und Vizepräsidentin Mehriban Əliyeva (die Familie Əliyev), den
Ministerpräsident Ali Asadov, den Außenminister Jeyhun Bayramov, alle
Milli meclis-Abgeordneten, Azərbaycan Respublikası Prezidentinin İşlər
İdarəsi-Sprecherin Sahiba Gafarova, Vertreter des Militärs und zahlreiche
Oligarch:innen richten.
- Die beschlossenen Sanktionen sollen sich zusätzlich auch gegen zahlreiche
Individuen und Einrichtungen in Aserbaidschan und im Ausland, die den
Krieg gegen Armenien unterstützen, richten.
- Die Bevölkerung Aserbaidschans soll bestmöglich wenig getroffen werden, da
sie mit am meisten unter dem aserbaidschanischen Regime leidet. Somit gilt
unsere Solidarität auch denen, die unter dem Alijew-Regime in
Aserbaidschan leiden.
- Aserbaidschanischer Desinformationskampagnen soll entgegengewirkt werden.
Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand, welcher auch eingehalten werden
muss und Friedensgespräche, welche eine Ausarbeitung und Umsetzung eines
Friedensplans im Rahmen der Minsker Gruppe beinhaltet.
Diese Verhandlungen schlug das armenische Außenministerium schon in Bezug auf
den aserbaidschanischen Überfall auf die Republik Arzach am 15. März 2022 vor.
Die Fortschreitung der Aggressionen des aserbaidschanischen Regimes auf Armenien
verurteilt die JEF Deutschland zutiefst und solidarisiert sich mit den
Armenier:innen, die sich für Frieden und Demokratie im Südkaukasus einsetzen.
[3]GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Zerstörung von Kulturerbe in
Bergkarabach | RC-B9-0146/2022 | Europäisches Parlament (europa.eu)
Begründung
Ein seit über 100 Jahren schwellender Konflikt zwischen dem Osmanischen Reich
und seiner Nachfolgerstaaten und den Armeniern ist in dieser Woche durch
aserbaidschanische Angriffe auf armenische Städte wieder heiß geworden. Das
Leminski Institut für Genocid-Prevention warnt vor weiteren Kriegsverbrechen,
welche schon in der Region Bergkarabach, seit dem Überfall auf die Republik
Arzach vermehrt stattfinden. Die EU ist zwischen dem Europäischen Parlament und
der Kommission in Bezug auf die Verurteilung der Angriffe gespalten. Während das
Europäische Parlament die Angriffe in vielen Anträgen verurteilt, macht die
Kommission in bspw. der Person der Kommissionspräsident Ursula von der Leyen
weitere Gasgeschäfte mit Alijews-Regime im Rahmen der "Kaviar-Diplomatie".
Wir als Junge Europäische Föderalisten sollten uns zu diesem Krieg unbedingt
positionieren. Unser Antrag soll hierfür eine Gesprächsgrundlage darstellen.