Antrag zum Politischen Programm: | Neufassung Politisches Programm |
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Antragsteller*in: | Philipp Hausmann (JEF Baden-Württemberg) |
Status: | Übernahme |
Eingereicht: | 01.10.2021, 14:43 |
Ä7 zu A1NEU15: Neufassung Politisches Programm
Thema: [Thema des Änderungsantrags umreißen]
Von Zeile 382 bis 384:
Zudem fordern wir, einen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufzubauen, um eine unabhängige europäischeund mehrsprachige Berichterstattung zu ermöglichenpolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen in Europa zu ermöglichen sowie einen Raum für die Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit zu schaffen. Die
Politisches Programm der JEF Deutschland
Verpflichtet durch die gemeinsame historische Erfahrung des 20. Jahrhunderts, in
der tiefen Überzeugung, dass universelle Menschenrechte, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit unerlässlich für das friedliche Zusammenleben in Vielfalt in
Europa sind;
in der festen Entschlossenheit, sowohl den globalen Herausforderungen als auch
deren lokalen Auswirkungen der Gegenwart gemeinsam, konstruktiv und progressiv
zu begegnen;
in inniger Verbundenheit mit der Jugend Europas sowie vergangenen, gegenwärtigen
und zukünftigen Generationen;
fordern die Jungen Europäischen Föderalist*innen ein vereintes Europa und setzen
sich politisch, überparteilich und überkonfessionell für die Verwirklichung der
europäischen Idee in Form einer Europäischen Föderation ein.
Diese Europäische Föderation soll auf den Grundsätzen der Freiheit, der
Gleichheit, der Solidarität, der Menschenrechte, der Demokratie, der
Rechtsstaatlichkeit, des Föderalismus und der Subsidiarität organisiert werden.
Die Europäische Föderation soll allen Menschen in Europa ein Leben in Frieden,
Wohlstand, Sicherheit und freier Entfaltung ermöglichen. Dazu gehört die
endgültige Abschaffung aller Grenzen ebenso wie das Erreichen einer sozialen
sowie ökonomischen Annäherung und Konvergenz bei Wahrung der kulturellen und
sprachlichen Vielfalt Europas.
Die Europäische Föderation soll auf einer europäischen Verfassung fußen. Ein
transnational gewähltes Parlament und eine von diesem kontrollierte Regierung
sollen eine supranationale europäische Demokratie ermöglichen, die transparent,
verständlich und partizipativ ausgestaltet ist. Alle europäischen Institutionen
sind dabei dem europäischen Gemeinwohl verpflichtet.
Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion achtet Mensch und Umwelt, indem
sie sich den Grundsätzen der Gleichberechtigung, der sozialen Gerechtigkeit und
der Nachhaltigkeit verpflichtet.
Eine handlungsfähige Europäische Föderation vertritt die Grund- und
Menschenrechte und ihre Prinzipien auch nach außen. Während sie ihre Partner
achtet und ihnen mit Fairness und Solidarität begegnet, strebt sie einen
Weltföderalismus und Weltfrieden an.
Im Bestreben, diese Ideen, Forderungen und Überzeugungen zu verwirklichen, geben
sich die JEF das folgende Politische Programm.
1. Grundsätze und Ziele
Wir fordern die Vollendung des Europäischen Projekts als Europäische Föderation.
Wir sind überzeugt, dass eine solche ihren Bürger*innen ein Leben in Demokratie,
Freiheit, Sicherheit und Wohlstand ermöglichen sowie auf globaler Ebene eine
handlungs- und konkurrenzfähige Akteurin sein kann.
Die heutige Europäische Union hat demgegenüber einige Mängel, die dazu führen,
dass nicht alle genannten Ziele erreicht werden können.
Das liegt zum einen am starken Einfluss der Mitgliedstaaten auf die Politik und
zum anderen an der unvollständigen Demokratisierung des aktuellen Europäischen
Parlaments. Beide führen zu einem komplexen Institutionengefüge, das für
Bürger*innen oft unverständlich ist, und zu einem politischen Prozess, in dem
Verantwortliche nicht immer klar benannt und Alternativen nicht immer deutlich
herausgestellt werden können. Das führt dazu, dass viele Menschen europäische
Politik nicht verstehen und das Gefühl haben, wenig Einfluss ausüben zu können.
Demokratie bedeutet Mitbestimmung durch freie und demokratische Wahlen sowie
über partizipative Elemente wie eine aktive Mitgestaltung der Bürger*innen. Zwar
beschließt das europäische Parlament über Einnahmen, Ausgaben und europäische
Gesetze mit, jedoch haben viele Bürger*innen der Europäischen Union das Gefühl,
dass sie auf die grundlegenden Entscheidungen, die auf europäischer Ebene
getroffen werden, keinen Einfluss haben. Das Europäische Parlament lässt eine
Politisierung vermissen, die unterschiedliche politische Konzepte deutlich
werden ließe und erkennbar machen würde, wer für welche Politik verantwortlich
ist. So mangelt es an dem für Demokratien konstitutiven Wechselspiel aus
Regierung und Opposition. So können die Entscheidungsträger*innen auf
europäischer Ebene aktuell nicht klar identifiziert und im Zweifelsfall nicht
für ihre Politik abberufen werden.
Wir geben uns mit diesem Status quo nicht zufrieden. Wir wollen, dass die
Bürger*innen Europas ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können. Das bedeutet
unter anderem, dass Europawahlen wirkliche politische Veränderungen bedeuten
können. Wir fordern, Demokratiedefizite aufzulösen, indem wir die europäischen
Strukturen, politische Kultur und politische Bildung verändern.
Angesichts der voranschreitenden Globalisierung stoßen die europäischen
Nationalstaaten in vielen Bereichen an die Grenzen ihres Gestaltungsspielraums.
Die großen Herausforderungen unserer Zeit – zum Beispiel die Bekämpfung des
menschengemachten Klimawandels, die Bewältigung von Fluchtbewegungen, die
Regulierung transnationaler Unternehmen und Finanzmärkte, die Bekämpfung
globaler Ungleichheiten, der demografische Wandel, und eine demokratische
Gestaltung der Digitalisierung – lassen sich nicht mehr sinnvoll auf nationaler
Ebene lösen, sondern verlangen verstärkte internationale Zusammenarbeit.
Gemeinsame Herausforderungen bedürfen gemeinsamer Lösungen. Doch wenn viele
richtungsweisende Entscheidungen in Europa immer noch hinter verschlossenen
Türen von den Vertretungen der Nationalstaaten statt im öffentlich tagenden
Europäischen Parlament getroffen werden, so stellen diese Entscheidungen am Ende
nicht mehr als Kompromisse zwischen den Interessen verschiedener Nationalstaaten
dar. Folglich ist die Europäische Union aktuell nur eingeschränkt in der Lage,
eine Antwort auf die Fragen der Zeit zu geben. Aus diesen Gründen fordern wir
die Weiterentwicklung der Europäischen Union zur Europäischen Föderation.
Die Europäische Föderation benötigt eine europäische Verfassung. Diese
ermöglicht die Handlungsfähigkeit der Föderation nach innen und außen. Die
Europäische Föderation ist ein legitimierter, demokratischer Rechtsstaat
föderalistischen Zuschnitts. Föderalismus ist ein politischen System, das Macht
zwischen unterschiedlichen politischen Ebenen aufteilt. Dies setzt demokratische
Strukturen und eine europäische Öffentlichkeit voraus, die gleichzeitig die
Wahrung europäischer Vielfalt und einen effektiven Schutz von Minderheiten
ermöglichen. Für die Jungen Europäische Föderalist*innen stellt die Europäische
Föderation damit das logische Resultat des europäischen Einigungsprozesses dar.
1.1 Die Rolle der JEF im europäischen Einigungsprozess
Wir, die Jungen Europäische Föderalist*innen, verstehen uns als
Botschafter*innen der europäischen Idee und fördern seit 1949 die Verbreitung
des europäischen Bewusstseins in der Gesellschaft und insbesondere unter jungen
Menschen im Sinne unseres Mottos "Simply a Generation Ahead".
Wir versuchen, dem Integrationsprozess fortwährend neue Impulse zu geben und
Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Die Europäische Einigung hat uns Frieden
und Wohlstand gebracht. Sie ermöglicht es, politische Antworten auf Probleme zu
finden, die im nationalen Kontext nicht nachhaltig zu lösen sind. Als kritische
Begleiter*innen des Einigungsprozesses sehen wir allerdings auch
Fehlentwicklungen, die es zu korrigieren gilt. Wir wollen keine unkritischen
„Jubeleuropäer*innen“ sein. Wir bieten einen Rahmen für den Austausch pro-
demokratischer politischer Kräfte, die gemeinsam an der Weiterentwicklung der
Zukunft Europas arbeiten.
2. Verfassung der Europäischen Föderation
Die Europäische Föderation braucht eine prägnante und verständliche Verfassung.
Sie muss die Bürger*innen in ihren Grundrechten schützen und die Institutionen
des europäischen Bundesstaates sowie deren jeweilige Kompetenzen definieren.
Zudem beschreibt sie Verfahrenswege und regelt Zuständigkeiten innerhalb des
föderalen Systems. Diese Verfassung soll in einem öffentlichen Konvent mit
breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft erarbeitet werden.
2.1 Werte, Grundrechte und Strukturprinzipien
Kern der europäischen Idee sind für uns die Würde des Menschen, Freiheit,
Gleichheit und Solidarität sowie die föderalistischen Ideale des Friedens und
der Kooperation. Diese gemeinsamen Werte sind es, die alle Bürger*innen der
Europäischen Föderation unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer Weltanschauung
zu einer Gemeinschaft verbinden. Eine Gemeinschaft, die sich durch Vielfalt und
Toleranz auszeichnet und die auf den Grundsätzen der Demokratie, der
Rechtsstaatlichkeit, der Sozialstaatlichkeit, des Föderalismus, der
Subsidiarität und der Trennung von Kirche und Staat beruht.
Die Verfassung der Europäischen Föderation muss dieser europäischen Idee
Ausdruck verleihen, indem sie diese Grundsätze als Strukturprinzipien
festschreibt und die europäische Grundrechte verbindlich schützt. Grundlage für
den Katalog der Grund- und Menschenrechte müssen die Charta der Grundrechte der
Europäischen Union und die Europäische Menschenrechtskonvention sein. Jede*r
Bürger*in der Europäischen Föderation muss die Möglichkeit haben, ihre*seine
durch die Verfassung garantierten Rechte vor Gericht einzuklagen.
Wir fordern, dass die Verfassung dabei so ausgestaltet wird, dass die
Grundrechte und Strukturprinzipien alle staatlichen Ebenen – von der
europäischen bis zur kommunalen Ebene – in ihrer Gesetzgebung und ihrem Handeln
binden. Gliedstaaten, die sich willentlich und systematisch nicht an die Werte
und Gesetze halten, müssen unter anderem finanziell und institutionell
sanktioniert werden und es muss überprüft werden, ob eine Mitgliedschaft des
Gliedstaates weiterhin im Sinne der Föderation ist.
3. Politisches System
Das politische System der Europäischen Föderation ist eine repräsentative
Demokratie. Demokratie muss von den Bürger*innen in Wahlen und anderen
Partizipationsmöglichkeiten gelebt werden. Die Bürger*innen sollen den Aufbau
des politischen Systems mit vertretbarem Aufwand überblicken und
Entscheidungswege nachvollziehen können.
3.1 Kompetenzen
Wichtig für das Funktionieren der Europäischen Föderation ist eine eindeutige
Kompetenzverteilung zwischen den einzelnen Ebenen der Föderation, die auf dem
Prinzip der Subsidiarität beruht. Dieses sieht vor, Kompetenzen auf der Ebene
anzusiedeln, die die entsprechende politische Problemstellung am besten lösen
kann.
Dabei liegt die sogenannte Kompetenz-Kompetenz, d. h. die Befugnis darüber zu
entscheiden, ob eine bestimmte Zuständigkeit der europäischen oder einer anderen
Ebene zusteht, auf der europäischen, föderalen Ebene. Bei Entscheidungen über
die Kompetenzverteilung haben die Gliedstaaten das Mitspracherecht.
Föderationsrecht muss im gesamten Föderationsgebiet durchgesetzt werden. Hierfür
verpflichten sich die Föderation und ihre Mitglieder – sowohl die Union als auch
Gliedstaaten, subsidiären Untergliederungen und Bürger*innen – zu Bundestreue
und europafreundlicher Zusammenarbeit. Im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung
der Föderation verfügen die Union und Gliedstaaten selbständig über ihre
Hoheitsbereiche. Die Union respektiert die organisationale Autonomie der
Gliedstaaten und regional verwurzelte Eigenheiten. Die Union und Gliedstaaten
koordinieren ihr Verhalten und kontrollieren einander wechselseitig. Sie
beteiligen einander während der Willensbildung und Entscheidungsfindung: auf
supranationaler, nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. Diese
Zusammenarbeit der Union und Gliedstaaten sowie transnationale Diskurse der
Bürger*innen durch Medien im Licht vieler europäischer Öffentlichkeiten sollen
dem Grundsatz "Einheit in Vielfalt" legitimerweise Geltung verschaffen.
Jede Ebene und vor allem die europäische Ebene muss mit den notwendigen
finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.
Bereiche wie die Außenvertretung der Europäischen Föderation und damit die
Außen- und Sicherheitspolitik müssen auf europäischer Ebene angelegt sein. Die
Europäische Föderation sorgt dafür, dass gleichwertige Lebensverhältnisse in
ganz Europa bestehen. Dafür erhält die Europäische Föderation die notwendigen
Kompetenzen.
3.2 Parlament und Regierung
Das Parlament verkörpert als direkt gewählte Vertretung der Bürger*innen das
Zentrum des politischen Systems der Europäischen Föderation. Mit einem eigenen
Initiativrecht beschließt es gleichberechtigt mit der Staatenvertretung
europäische Gesetze und ratifiziert internationale Verträge der Föderation. Der
Haushalt wird allein vom Parlament beschlossen. Die Transparenz der
Entscheidungsfindung darf nicht durch etwa Schattenhaushalte oder Fondslösungen
seitens der Exekutive gefährdet werden. Die Mitglieder weiterer Organe der
Europäischen Föderation wie der Europäische Zentralbank oder des Europäische
Rechnungshofs sollen vom Europäischen Parlament ernannt werden, um die
Unabhängigkeit dieser Institutionen zu gewährleisten.
Die Staatenvertretung bildet eine zweite Kammer, die dem Parlament, außer bei
der Wahl der Regierung und dem Budgetrecht, gleichberechtigt ist. Die
Staatenkammer entscheidet nach dem Mehrheitsprinzip.
Die Grundlagen der Politik der Europäischen Föderation bestimmen die
Bürger*innen in gemeinsamen und einheitlichen Europawahlen. Europäische
Spitzenkandidaten*innen der Parteien führen einen europaweiten Wahlkampf
basierend auf europäischen Wahlprogrammen und stellen sich dem Diskurs der
europäischen Öffentlichkeit. Ein einheitliches Wahlrecht findet einen Ausgleich
zwischen der Wahl über transnationale Listen und über Direktwahlkreise, die – wo
möglich – auch länderübergreifend gebildet werden sollen. Bei der Festlegung der
Direktwahlkreise sollen die Unterschiede im Verhältnis von Bürger*in pro
Abgeordnetem*r zwischen den einzelnen Gliedstaaten verringert werden.
Die Europäische Föderation beruht auf einem parlamentarischen System. Folglich
wählt das Parlament den*die Regierungschef*in. Der*die Chef*in der Regierung
ernennt mit Zustimmung des Parlaments die übrigen Minister*innen seiner*ihrer
Regierung.
3.3 Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung
Herrschaft der Stärkeren oder der Willkür gilt es mittels der Herrschaft des
Rechts zu verhindern. Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz
müssen sowohl auf Föderationsebene als auch auf der Ebene der Gliedstaaten
garantiert werden. Über die Wahrung der Rechte der Bürger*innen wacht der
Oberste Gerichtshof der Europäischen Föderation, dem auch die rechtliche
Kontrolle der Institutionen der Europäischen Föderation obliegt. Er ist Hüter
der Verfassung und garantiert die dort verbrieften Grundrechte.
Ein funktionierendes Rechtssystem muss auch die Möglichkeit der effektiven
Durchsetzung gewährleisten. Die Verfasstheit der Europäischen Föderation und das
Ziel, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu errichten,
gebieten, das Polizeisystem und die öffentliche Verwaltung föderal zu
organisieren. Die föderale Polizei sollte dabei neben regionalen auch
bundesstaatliche Aufgaben übernehmen sowie den Außengrenzschutz der Föderation
organisieren. Die Bundespolizei und der Grenzschutz müssen rechtsstaatlichen
Grundprinzipien im Rahmen eines klaren Systems der Verantwortlichkeiten
verpflichtet sein.
4. Politik der Europäischen Föderation
4.1. Die Europäische Föderation im globalen Kontext
Wir sind überzeugt, dass Friedenssicherung in Europa und der Welt am besten
mithilfe der Europäischen Föderation möglich ist: demokratisch, sozial gerecht,
ökologisch sowie ökonomisch nachhaltig und mit Respekt für die Vielfalt der
Menschen in Europa und der Welt.
Die beständig fortschreitende Globalisierung erfordert stärkere globale
Kooperation. Dabei muss die Europäische Föderation die strategische
Unabhängigkeit und Integrität ihrer kritischen Infrastruktur gewährleisten
können.
Europa muss auf globaler Ebene geschlossen auftreten, um einen
Gestaltungsspielraum in der Weltpolitik zu haben und als verlässliche Partnerin
für andere Staaten aufzutreten. Gleichzeitig ist die Europäische Föderation nur
ein Zwischenschritt zum Weltföderalismus und wirkt einer Fragmentierung der
Weltgemeinschaft entgegen, wobei Europa nur ein Teil einer solchen Entwicklung
sein kann.
In der Außenpolitik müssen klassische Außenpolitik, Handels- und
Entwicklungspolitik sowie Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusammengedacht
werden. Zentral ist dabei die Einhaltung des Völkerrechts und insbesondere der
Menschenrechte.
Eine Erweiterung der Europäischen Föderation ist nur für Staaten möglich, welche
die Beitrittskriterien erfüllen und auch nachfolgend einhalten. Es sollen jedoch
auch enge Beziehungen zu Nachbarstaaten auf Augenhöhe – etwa durch Assoziationen
und Zollunionen – gepflegt werden, die nicht der Europäischen Föderation
beitreten wollen oder dies bisher nicht können. Die Einhaltung der
Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ist hierfür eine notwendige
Voraussetzung.
Die gemeinsame europäische Armee konstituiert sich aus den vormals nationalen
Streitkräften. Sie dient defensiven Zwecken, einschließlich der Kapazität zur
aktiven Teilnahme an völkerrechtlich legitimierten Missionen. Die Europäische
Föderation setzt sich für globale Abrüstung ein.
4.2 Wirtschaft und Nachhaltigkeit
Die Europäische Föderation schafft durch faire Regeln für den globalen
Wettbewerb, nachhaltige Ressourcennutzung und Schutz der Verbraucher*innen die
Grundlage für eine starke Wirtschaft. Damit sind der Schutz und die Bewahrung
unserer Natur, Klimaneutralität und die Einhaltung der Menschenrechte
Leitprinzipien unserer Art zu wirtschaften.
Sozial-ökologische Marktwirtschaft bedeutet für uns das Setzen stabiler
Rahmenbedingungen, zum Beispiel zur Verhinderung von Monopolen oder zum Schutz
der Arbeitnehmer*innen und der Umwelt. Die sozial-ökologische Marktwirtschaft
orientiert sich dabei stets an den Bedürfnissen der Menschen und wird dem Namen
nach durch soziale und ökologische Aspekte eingeschränkt.
Diese Grundsätze müssen im europäischen Binnenmarkt realisiert werden. Der
Binnenmarkt beruht auf der Freizügigkeit der Bürger*innen Europas sowie der
Freiheit des Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs.
4.3 Klima und Umwelt
Die Bekämpfung des Klimawandels als Bedrohung der gesamten Menschheit bedarf
globaler Lösungen. Europa muss einen massiven Beitrag leisten, um die
Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen und Klimaneutralität zu erreichen. Der
europäische Klimaschutz muss dringend sofort und effektiv vorangebracht werden,
unabhängig von dem Verhalten anderer Staaten. Europa muss Anstrengungen in Bezug
auf die Eindämmung der Folgen der Erderwärmung auch in den Ländern des globalen
Südens unterstützen.
Zur Bekämpfung des Klimawandels muss ein Ansatz gewählt werden, der die Ziele
des Pariser Klimaabkommens zwingend einhält. Alle Sektoren müssen
schnellstmöglich nachhaltig umgestaltet werden müssen. Wir fordern die
Einführung einer europäischen Energieunion, die den europäischen Energie- und
Ressourcenverbrauch klimafreundlich gestalten soll.
In diesem Sinne ist ein geschlossenes, gemeinschaftlich-europäisches Vorgehen
umso wichtiger, um der internationalen Herausforderung des Klimawandels gerecht
zu werden. Gerade weil der Klimawandel nicht an europäischen Grenzen Halt macht,
muss Europa schnellstmöglich Allianzen mit anderen Staaten bilden, um die
Erderwärmung und ihre Folgen global zu bekämpfen.
Die Europäische Föderation muss auch weitere Bereiche des Umweltschutzes wie
beispielsweise die Erhaltung der Biodiversität voranbringen.
4.4 Migration und Asyl
Die Europäische Föderation benötigt eine gemeinschaftliche Asyl- und
Migrationspolitik.
Im Bereich der Asylpolitik sind die Unantastbarkeit der Würde des Menschen sowie
internationale Abkommen grundlegend. Eine Asylbehörde auf Ebene der Föderation
entscheidet solidarisch und europaweit über Asylanträge.
Die europäische Migrationspolitik sollte sich unter anderem daran orientieren,
die Migration von Fachkräften und ihrer Familien zu fördern. Gleichwertige
ausländische Bildungs- und Berufsabschlüsse sollen anerkannt werden, damit eine
zügige Eingliederung in europäische Arbeitsmärkte ermöglicht wird und die
geltenden Qualitätsanforderungen eingehalten werden.
4.5 Währung und Haushalt
Die Europäische Föderation hat mit dem Euro und der europäischen Zentralbank
einen einheitlichen Währungsraum, der für wirtschaftliche Stabilität und
Wohlstand sorgt. Ein europäischer Finanzminister verwaltet den europäischen
Haushalt mit einem eigenen europäischen Finanzministerium.
Der europäische Haushalt unterliegt der Hoheit des Parlaments. Er speist sich
aus europäischen Steuern, welche von der Europäischen Föderation erhoben werden.
Eine vereinheitlichte Bemessungsgrundlage anderer Steuern würde die
wirtschaftliche Komplexität der Europäischen Föderation verringern. Steuerliche
Verpflichtungen sollten da anfallen, wo wirtschaftliche Aktivität stattfindet.
Steuerflucht seitens der Unternehmen einerseits und Steuerdumping durch die
einzelnen Gliedstaaten andererseits möchten wir so zuvorkommen.
4.6 Soziales
Mobilität und Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt erfordern soziale
Sicherheit. Die Europäische Föderation strebt gleichwertige Lebensverhältnisse
in allen Teilen der Europäischen Föderation an, einschließlich des Zugangs zu
sozialen Sicherungssystemen und der Arbeitnehmer*innenrechte.
Eine soziale Grundsicherung auf europäischer Ebene unterstützt und ergänzt die
sozialen Sicherungssysteme der Gliedstaaten.
4.7 Bildung, Forschung und Kultur
Die Europäische Föderation bewahrt und fördert die kulturelle Vielfalt Europas.
Im Bildungsbereich, der Zivilgesellschaft und der Verwaltung fördert sie deshalb
Mehrsprachigkeit.
Zur Bewahrung des kulturellen Erbes soll die Bildung möglichst föderal
organisiert sein. Der Wechsel zwischen Bildungssystemen muss aber reibungslos
stattfinden können. Eine Gleichwertigkeit der Bildungsabschlüsse in den
verschiedenen Gliedstaaten muss dazu gegeben sein.
Möglichkeiten des kulturellen Austausches zwischen unterschiedlichen Menschen –
insbesondere Schüler*innen, Auszubildenden und Studierenden – aus verschiedenen
Teilen Europas und anderen Teilen der Welt sollen durch die Föderationsebene
gefördert werden.
Fortschritt durch Forschung sowie trans- und interdisziplinäre Zusammenarbeit in
allen Feldern der Wissenschaften ist das Fundament unserer Gesellschaft. Deshalb
legt die Europäische Föderation hierauf einen starken Fokus. Die Vernetzung von
Wissenschaftler*innen innerhalb Europas wird deutlich ausgebaut. Eine starke
Ausstattung von Forschungsbudgets mit unbürokratischer Mittelvergabe legt die
Grundlage für europäische Spitzenforschung.
Auch die europäische Raumfahrt soll durch die Europäische Föderation unterstützt
werden. Eine Europäische Raumfahrtagentur, die mit angemessenen Mitteln
ausgestattet ist, verfolgt als primäres Ziel die wissenschaftliche Forschung.
5. Bürger*innen, Partizipation und Zivilgesellschaft
Partizipation begreifen wir als grundlegendes Prinzip für das Zusammenleben in
Frieden, Freiheit, Wohlstand und Vielfalt.
Wir zielen darauf ab, eine partizipatorische Kultur in Europa zu etablieren. Die
demokratische Verfasstheit der Föderation setzt voraus, dass die Bürger*innen
gleichberechtigt und inklusiv in allen gesellschaftlichen Bereichen teilhaben
und teilnehmen können. Kontroverse Auseinandersetzungen dürfen dabei nicht aus
der politischen Sphäre verbannt werden. Denn nach unserem Verständnis sind
Dissens und Konflikte für die gemeinsame Bewältigung von politischen
Auseinandersetzungen unerlässlich, da sie helfen können, Verständnis füreinander
zu entwickeln, einander anzuerkennen und gemeinsame Lösungen zu finden.
Vielfältige Gelegenheiten finden die Menschen, so respektvoll miteinander zu
kommunizieren sowie sich demokratisch, friedlich und konstruktiv in Europa zu
beteiligen: in der europäischen Bürger*innenschaft, Öffentlichkeit und
Zivilgesellschaft, in der politischen Bildung, im Erlernen vieler Sprachen und
u.a. in diversen europäischen Kultur-, Medien- und Parteienlandschaften.
Partizipation verstehen wir daher nicht allein als Instrument einzelner Akteure,
Bürger*innen und Interessengruppen. Vielmehr erachten wir sie als grundlegend
für das Zusammenleben in Europa, da sie Frieden und Gemeinschaft zu stiften
vermag. Eine partizipatorische Kultur in der Europäischen Föderation bedingt und
erfordert also transnationale Demokratie.
5.1 Europäische Staatsbürger*innenschaft
Die Einführung einer europäischen Staatsangehörigkeit ist unabdingbar für eine
transnationale europäische Demokratie, da diese die Zugehörigkeit aller
Europäer*innen zur politischen und sozialen Europäischen Gemeinschaft bedingt.
Damit werden alle Europäer*innen mit den gleichen Rechten und Pflichten
ausgestattet. Sie muss über die bisherige Unionsbürger*innenschaft hinausgehen,
da diese lediglich auf der jeweiligen nationalen Staatsangehörigkeit beruht.
Die europäische Staatsangehörigkeit soll neben dem Abstammungsprinzip
insbesondere über das Geburtsortprinzip vergeben werden. Um einer offenen und
inklusiven europäischen Gesellschaft gerecht zu werden, soll zudem der Erwerb
der Staatsangehörigkeit erleichtert werden, da Staatsangehörigkeit durch
Geburtsrecht einen Faktor globaler Ungleichheit darstellt. Darüber hinaus soll
der Erwerb der Europäischen Staatsangehörigkeit vereinfacht und hierfür mit
einer geringeren Regelaufenthaltsdauer verbunden sein. Voraussetzung für
den Erwerb der europäischen Staatsangehörigkeit ist jedoch stets die Anerkennung
der gemeinsamen Verfassung. Die Europäische Staatsangehörigkeit soll zudem offen
für Mehrstaatlichkeit sein und das Wahlrecht von Mehrstaatler*innen an deren
(Haupt-)Wohnsitz gebunden sein.
5.2 Europäische Zentrale für politische Bildung und Öffentlich-rechtlicher
Rundfunk
Wir setzen uns für den Aufbau einer Europäischen Zentrale für politische Bildung
ein, um allen Bürger*innen Europas eine unabhängige und überparteiliche
politische Bildung zu ermöglichen. Wir möchten mit europapolitischer
Bildungsarbeit nicht nur Wissen vermitteln, sondern die Bürger*innen bestärken,
aktive, demokratiebewusste und mündige Mitglieder der Europäischen Föderation zu
werden.
Zudem fordern wir, einen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk
aufzubauen, um eine unabhängige europäischeund mehrsprachige Berichterstattung zu ermöglichenpolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen in Europa zu ermöglichen sowie
einen Raum für die Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit zu schaffen. Die
gemeinsame europäische Öffentlichkeit ermöglicht den Bürger*innen, politische
Entscheidungen europaweit zu diskutieren und aktiv mitzugestalten.
5.3 Sprache und Kultur
Die Europäische Föderation ist ein multilingualer Raum. Die Aufgabe der
Sprachpolitik in der Europäischen Föderation besteht darin, einerseits die
Sprachenvielfalt Europas zu schützen – insbesondere mit dem Schutz für
Minderheitensprachen – und andererseits die Verständigung zwischen verschiedenen
Sprachgruppen auf dem Kontinent zu ermöglichen.
Wir fordern eine besondere Förderung des Fremdsprachenunterrichts in Schulen und
anderen Ausbildungsstätten, sodass die Europäer*innen direkt in verschiedenen
Sprachen miteinander in Kontakt treten können.
Darüber hinaus erkennen wir an, dass Übersetzung eine herausragende Rolle für
gegenseitige Verständigung in der Europäischen Föderation spielt. Aus diesem
Grund müssen Übersetzungsmöglichkeiten staatlich besonders gefördert werden.
Diese Förderung soll zum einen in verschiedene, spezielle Formen der
Übersetzung, zum anderen auch in die Entwicklung und Verbesserung von
technologischen Lösungen, wie beispielsweise Übersetzungsprogrammen, fließen.
Kunst, Kultur und Wissenschaft sind eng mit Sprache verknüpft. Daher muss auch
eine europäische Kulturpolitik die Vielsprachigkeit reflektieren. Das kann zum
einen beispielsweise durch Übersetzungs- und Filmförderung, aber auch durch die
Unterstützung kultureller Begegnungen oder soziokultureller Projekte geschehen.
6. Föderalismus
Wir sind davon überzeugt, dass ein föderales Europa am besten auf die
Herausforderungen einer globalisierten Welt antworten kann. In einem föderalen
System können Probleme bürgernah und transparent auf der Ebene gelöst werden,
die dafür am besten geeignet ist.
Wir streben ein verfassungsföderales Europa an. Eine gemeinsame Verfassung ist
nicht nur starkes Symbol und Garantin der europäischen Einigung, sondern dient
auch einem leichteren Verständnis des politischen Systems durch alle
Bürger*innen.
In der Föderation sollten alle Gliedstaaten gleichberechtigt sein, sodass
regionale Gestaltungsspielräume unterhalb der Gliedstaaten-Ebene weiterhin
möglich sein sollen.
Leitprinzip der Kompetenzverteilung muss die Subsidiarität sein. Subsidiarität
bedeutet für uns, dass Entscheidungen möglichst nah an den Bürger*innen und
damit auf der möglichst untersten politischen Ebene getroffen werden.
Subsidiarität hilft nach unseren Vorstellungen nicht nur, dass Entscheidungen
möglichst effektiv getroffen werden, sondern auch, dass alle europäischen
Bürger*innen aktiv bei der Gestaltung des föderalen Europas einbezogen werden
und sich mit diesem identifizieren. Ein zentraler Vorteil eines föderalen
Europas ist es auch, dass im Sinne eines Wettbewerbsföderalismus jede staatliche
Einheit nach Erfolg – wirtschaftlich, sozial, kulturell – und damit nach den
besten Lösungen für eine Problemlage strebt. Damit setzt sich im Idealfall die
beste Lösung durch. In diesem Fall wird es auch keine Akzeptanzprobleme in Bezug
auf die notwendige Solidarität geben.
Allerdings ist Föderalismus keine Pauschallösung für jegliches politisches
Problem. Darüber hinaus kann es in einem föderalen System auch zu Problemen bei
der Balance zwischen Demokratie und Föderalismus kommen: wie zum Beispiel bei
einem fehlenden Ausgleich von Über- und Unterrepräsentanzen – also einem
Ausgleich zwischen größeren und kleineren politischen Einheiten. Für uns sind
weder Föderalismus noch Demokratie verzichtbar und unser föderales Europa muss
daher einen gerechten Ausgleich von Demokratie und föderalen Elementen schaffen.
Uns ist bewusst, dass eine Föderation nur funktionieren kann, wenn sie von den
Bürger*innen verstanden wird. Zudem muss der Föderalismus auf allen politischen
Ebenen gelebt werden – Verträge oder eine Verfassung allein reichen nicht aus.
Deshalb ist die politische Bildungsarbeit für die JEF von großer Bedeutung.
Nach der Schaffung einer echten Europäische Föderation streben wir eine
Weltföderation an. Mögliche Aufgabengebiete sind insbesondere die
Friedenspolitik, der Umweltschutz oder notwendige globale Spielregeln für die
Wirtschaft und Finanzmärkte.
Das Herzstück der Arbeit der Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland zeigt
sich in diesem politischen Programm. In ihm spiegeln sich unsere Wünsche, unsere
Forderungen und unsere Vision des Europäischen Projekts wider. Wir denken Europa
mit, wir gestalten unsere Zukunft! Unsere Überzeugungen treiben uns an, für die
Europäische Föderation einzustehen, die wir uns für alle erträumen. Auch wenn
der Weg weit erscheint, gehen wir jeden Tag neue Schritte hin zur Verwirklichung
dieses politischen Programms und damit unserer Vision der europäischen Zukunft.
Von Zeile 382 bis 384:
Zudem fordern wir, einen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufzubauen, um eine unabhängige europäischeund mehrsprachige Berichterstattung zu ermöglichenpolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen in Europa zu ermöglichen sowie einen Raum für die Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit zu schaffen. Die
Politisches Programm der JEF Deutschland
Verpflichtet durch die gemeinsame historische Erfahrung des 20. Jahrhunderts, in
der tiefen Überzeugung, dass universelle Menschenrechte, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit unerlässlich für das friedliche Zusammenleben in Vielfalt in
Europa sind;
in der festen Entschlossenheit, sowohl den globalen Herausforderungen als auch
deren lokalen Auswirkungen der Gegenwart gemeinsam, konstruktiv und progressiv
zu begegnen;
in inniger Verbundenheit mit der Jugend Europas sowie vergangenen, gegenwärtigen
und zukünftigen Generationen;
fordern die Jungen Europäischen Föderalist*innen ein vereintes Europa und setzen
sich politisch, überparteilich und überkonfessionell für die Verwirklichung der
europäischen Idee in Form einer Europäischen Föderation ein.
Diese Europäische Föderation soll auf den Grundsätzen der Freiheit, der
Gleichheit, der Solidarität, der Menschenrechte, der Demokratie, der
Rechtsstaatlichkeit, des Föderalismus und der Subsidiarität organisiert werden.
Die Europäische Föderation soll allen Menschen in Europa ein Leben in Frieden,
Wohlstand, Sicherheit und freier Entfaltung ermöglichen. Dazu gehört die
endgültige Abschaffung aller Grenzen ebenso wie das Erreichen einer sozialen
sowie ökonomischen Annäherung und Konvergenz bei Wahrung der kulturellen und
sprachlichen Vielfalt Europas.
Die Europäische Föderation soll auf einer europäischen Verfassung fußen. Ein
transnational gewähltes Parlament und eine von diesem kontrollierte Regierung
sollen eine supranationale europäische Demokratie ermöglichen, die transparent,
verständlich und partizipativ ausgestaltet ist. Alle europäischen Institutionen
sind dabei dem europäischen Gemeinwohl verpflichtet.
Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion achtet Mensch und Umwelt, indem
sie sich den Grundsätzen der Gleichberechtigung, der sozialen Gerechtigkeit und
der Nachhaltigkeit verpflichtet.
Eine handlungsfähige Europäische Föderation vertritt die Grund- und
Menschenrechte und ihre Prinzipien auch nach außen. Während sie ihre Partner
achtet und ihnen mit Fairness und Solidarität begegnet, strebt sie einen
Weltföderalismus und Weltfrieden an.
Im Bestreben, diese Ideen, Forderungen und Überzeugungen zu verwirklichen, geben
sich die JEF das folgende Politische Programm.
1. Grundsätze und Ziele
Wir fordern die Vollendung des Europäischen Projekts als Europäische Föderation.
Wir sind überzeugt, dass eine solche ihren Bürger*innen ein Leben in Demokratie,
Freiheit, Sicherheit und Wohlstand ermöglichen sowie auf globaler Ebene eine
handlungs- und konkurrenzfähige Akteurin sein kann.
Die heutige Europäische Union hat demgegenüber einige Mängel, die dazu führen,
dass nicht alle genannten Ziele erreicht werden können.
Das liegt zum einen am starken Einfluss der Mitgliedstaaten auf die Politik und
zum anderen an der unvollständigen Demokratisierung des aktuellen Europäischen
Parlaments. Beide führen zu einem komplexen Institutionengefüge, das für
Bürger*innen oft unverständlich ist, und zu einem politischen Prozess, in dem
Verantwortliche nicht immer klar benannt und Alternativen nicht immer deutlich
herausgestellt werden können. Das führt dazu, dass viele Menschen europäische
Politik nicht verstehen und das Gefühl haben, wenig Einfluss ausüben zu können.
Demokratie bedeutet Mitbestimmung durch freie und demokratische Wahlen sowie
über partizipative Elemente wie eine aktive Mitgestaltung der Bürger*innen. Zwar
beschließt das europäische Parlament über Einnahmen, Ausgaben und europäische
Gesetze mit, jedoch haben viele Bürger*innen der Europäischen Union das Gefühl,
dass sie auf die grundlegenden Entscheidungen, die auf europäischer Ebene
getroffen werden, keinen Einfluss haben. Das Europäische Parlament lässt eine
Politisierung vermissen, die unterschiedliche politische Konzepte deutlich
werden ließe und erkennbar machen würde, wer für welche Politik verantwortlich
ist. So mangelt es an dem für Demokratien konstitutiven Wechselspiel aus
Regierung und Opposition. So können die Entscheidungsträger*innen auf
europäischer Ebene aktuell nicht klar identifiziert und im Zweifelsfall nicht
für ihre Politik abberufen werden.
Wir geben uns mit diesem Status quo nicht zufrieden. Wir wollen, dass die
Bürger*innen Europas ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können. Das bedeutet
unter anderem, dass Europawahlen wirkliche politische Veränderungen bedeuten
können. Wir fordern, Demokratiedefizite aufzulösen, indem wir die europäischen
Strukturen, politische Kultur und politische Bildung verändern.
Angesichts der voranschreitenden Globalisierung stoßen die europäischen
Nationalstaaten in vielen Bereichen an die Grenzen ihres Gestaltungsspielraums.
Die großen Herausforderungen unserer Zeit – zum Beispiel die Bekämpfung des
menschengemachten Klimawandels, die Bewältigung von Fluchtbewegungen, die
Regulierung transnationaler Unternehmen und Finanzmärkte, die Bekämpfung
globaler Ungleichheiten, der demografische Wandel, und eine demokratische
Gestaltung der Digitalisierung – lassen sich nicht mehr sinnvoll auf nationaler
Ebene lösen, sondern verlangen verstärkte internationale Zusammenarbeit.
Gemeinsame Herausforderungen bedürfen gemeinsamer Lösungen. Doch wenn viele
richtungsweisende Entscheidungen in Europa immer noch hinter verschlossenen
Türen von den Vertretungen der Nationalstaaten statt im öffentlich tagenden
Europäischen Parlament getroffen werden, so stellen diese Entscheidungen am Ende
nicht mehr als Kompromisse zwischen den Interessen verschiedener Nationalstaaten
dar. Folglich ist die Europäische Union aktuell nur eingeschränkt in der Lage,
eine Antwort auf die Fragen der Zeit zu geben. Aus diesen Gründen fordern wir
die Weiterentwicklung der Europäischen Union zur Europäischen Föderation.
Die Europäische Föderation benötigt eine europäische Verfassung. Diese
ermöglicht die Handlungsfähigkeit der Föderation nach innen und außen. Die
Europäische Föderation ist ein legitimierter, demokratischer Rechtsstaat
föderalistischen Zuschnitts. Föderalismus ist ein politischen System, das Macht
zwischen unterschiedlichen politischen Ebenen aufteilt. Dies setzt demokratische
Strukturen und eine europäische Öffentlichkeit voraus, die gleichzeitig die
Wahrung europäischer Vielfalt und einen effektiven Schutz von Minderheiten
ermöglichen. Für die Jungen Europäische Föderalist*innen stellt die Europäische
Föderation damit das logische Resultat des europäischen Einigungsprozesses dar.
1.1 Die Rolle der JEF im europäischen Einigungsprozess
Wir, die Jungen Europäische Föderalist*innen, verstehen uns als
Botschafter*innen der europäischen Idee und fördern seit 1949 die Verbreitung
des europäischen Bewusstseins in der Gesellschaft und insbesondere unter jungen
Menschen im Sinne unseres Mottos "Simply a Generation Ahead".
Wir versuchen, dem Integrationsprozess fortwährend neue Impulse zu geben und
Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Die Europäische Einigung hat uns Frieden
und Wohlstand gebracht. Sie ermöglicht es, politische Antworten auf Probleme zu
finden, die im nationalen Kontext nicht nachhaltig zu lösen sind. Als kritische
Begleiter*innen des Einigungsprozesses sehen wir allerdings auch
Fehlentwicklungen, die es zu korrigieren gilt. Wir wollen keine unkritischen
„Jubeleuropäer*innen“ sein. Wir bieten einen Rahmen für den Austausch pro-
demokratischer politischer Kräfte, die gemeinsam an der Weiterentwicklung der
Zukunft Europas arbeiten.
2. Verfassung der Europäischen Föderation
Die Europäische Föderation braucht eine prägnante und verständliche Verfassung.
Sie muss die Bürger*innen in ihren Grundrechten schützen und die Institutionen
des europäischen Bundesstaates sowie deren jeweilige Kompetenzen definieren.
Zudem beschreibt sie Verfahrenswege und regelt Zuständigkeiten innerhalb des
föderalen Systems. Diese Verfassung soll in einem öffentlichen Konvent mit
breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft erarbeitet werden.
2.1 Werte, Grundrechte und Strukturprinzipien
Kern der europäischen Idee sind für uns die Würde des Menschen, Freiheit,
Gleichheit und Solidarität sowie die föderalistischen Ideale des Friedens und
der Kooperation. Diese gemeinsamen Werte sind es, die alle Bürger*innen der
Europäischen Föderation unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer Weltanschauung
zu einer Gemeinschaft verbinden. Eine Gemeinschaft, die sich durch Vielfalt und
Toleranz auszeichnet und die auf den Grundsätzen der Demokratie, der
Rechtsstaatlichkeit, der Sozialstaatlichkeit, des Föderalismus, der
Subsidiarität und der Trennung von Kirche und Staat beruht.
Die Verfassung der Europäischen Föderation muss dieser europäischen Idee
Ausdruck verleihen, indem sie diese Grundsätze als Strukturprinzipien
festschreibt und die europäische Grundrechte verbindlich schützt. Grundlage für
den Katalog der Grund- und Menschenrechte müssen die Charta der Grundrechte der
Europäischen Union und die Europäische Menschenrechtskonvention sein. Jede*r
Bürger*in der Europäischen Föderation muss die Möglichkeit haben, ihre*seine
durch die Verfassung garantierten Rechte vor Gericht einzuklagen.
Wir fordern, dass die Verfassung dabei so ausgestaltet wird, dass die
Grundrechte und Strukturprinzipien alle staatlichen Ebenen – von der
europäischen bis zur kommunalen Ebene – in ihrer Gesetzgebung und ihrem Handeln
binden. Gliedstaaten, die sich willentlich und systematisch nicht an die Werte
und Gesetze halten, müssen unter anderem finanziell und institutionell
sanktioniert werden und es muss überprüft werden, ob eine Mitgliedschaft des
Gliedstaates weiterhin im Sinne der Föderation ist.
3. Politisches System
Das politische System der Europäischen Föderation ist eine repräsentative
Demokratie. Demokratie muss von den Bürger*innen in Wahlen und anderen
Partizipationsmöglichkeiten gelebt werden. Die Bürger*innen sollen den Aufbau
des politischen Systems mit vertretbarem Aufwand überblicken und
Entscheidungswege nachvollziehen können.
3.1 Kompetenzen
Wichtig für das Funktionieren der Europäischen Föderation ist eine eindeutige
Kompetenzverteilung zwischen den einzelnen Ebenen der Föderation, die auf dem
Prinzip der Subsidiarität beruht. Dieses sieht vor, Kompetenzen auf der Ebene
anzusiedeln, die die entsprechende politische Problemstellung am besten lösen
kann.
Dabei liegt die sogenannte Kompetenz-Kompetenz, d. h. die Befugnis darüber zu
entscheiden, ob eine bestimmte Zuständigkeit der europäischen oder einer anderen
Ebene zusteht, auf der europäischen, föderalen Ebene. Bei Entscheidungen über
die Kompetenzverteilung haben die Gliedstaaten das Mitspracherecht.
Föderationsrecht muss im gesamten Föderationsgebiet durchgesetzt werden. Hierfür
verpflichten sich die Föderation und ihre Mitglieder – sowohl die Union als auch
Gliedstaaten, subsidiären Untergliederungen und Bürger*innen – zu Bundestreue
und europafreundlicher Zusammenarbeit. Im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung
der Föderation verfügen die Union und Gliedstaaten selbständig über ihre
Hoheitsbereiche. Die Union respektiert die organisationale Autonomie der
Gliedstaaten und regional verwurzelte Eigenheiten. Die Union und Gliedstaaten
koordinieren ihr Verhalten und kontrollieren einander wechselseitig. Sie
beteiligen einander während der Willensbildung und Entscheidungsfindung: auf
supranationaler, nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. Diese
Zusammenarbeit der Union und Gliedstaaten sowie transnationale Diskurse der
Bürger*innen durch Medien im Licht vieler europäischer Öffentlichkeiten sollen
dem Grundsatz "Einheit in Vielfalt" legitimerweise Geltung verschaffen.
Jede Ebene und vor allem die europäische Ebene muss mit den notwendigen
finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.
Bereiche wie die Außenvertretung der Europäischen Föderation und damit die
Außen- und Sicherheitspolitik müssen auf europäischer Ebene angelegt sein. Die
Europäische Föderation sorgt dafür, dass gleichwertige Lebensverhältnisse in
ganz Europa bestehen. Dafür erhält die Europäische Föderation die notwendigen
Kompetenzen.
3.2 Parlament und Regierung
Das Parlament verkörpert als direkt gewählte Vertretung der Bürger*innen das
Zentrum des politischen Systems der Europäischen Föderation. Mit einem eigenen
Initiativrecht beschließt es gleichberechtigt mit der Staatenvertretung
europäische Gesetze und ratifiziert internationale Verträge der Föderation. Der
Haushalt wird allein vom Parlament beschlossen. Die Transparenz der
Entscheidungsfindung darf nicht durch etwa Schattenhaushalte oder Fondslösungen
seitens der Exekutive gefährdet werden. Die Mitglieder weiterer Organe der
Europäischen Föderation wie der Europäische Zentralbank oder des Europäische
Rechnungshofs sollen vom Europäischen Parlament ernannt werden, um die
Unabhängigkeit dieser Institutionen zu gewährleisten.
Die Staatenvertretung bildet eine zweite Kammer, die dem Parlament, außer bei
der Wahl der Regierung und dem Budgetrecht, gleichberechtigt ist. Die
Staatenkammer entscheidet nach dem Mehrheitsprinzip.
Die Grundlagen der Politik der Europäischen Föderation bestimmen die
Bürger*innen in gemeinsamen und einheitlichen Europawahlen. Europäische
Spitzenkandidaten*innen der Parteien führen einen europaweiten Wahlkampf
basierend auf europäischen Wahlprogrammen und stellen sich dem Diskurs der
europäischen Öffentlichkeit. Ein einheitliches Wahlrecht findet einen Ausgleich
zwischen der Wahl über transnationale Listen und über Direktwahlkreise, die – wo
möglich – auch länderübergreifend gebildet werden sollen. Bei der Festlegung der
Direktwahlkreise sollen die Unterschiede im Verhältnis von Bürger*in pro
Abgeordnetem*r zwischen den einzelnen Gliedstaaten verringert werden.
Die Europäische Föderation beruht auf einem parlamentarischen System. Folglich
wählt das Parlament den*die Regierungschef*in. Der*die Chef*in der Regierung
ernennt mit Zustimmung des Parlaments die übrigen Minister*innen seiner*ihrer
Regierung.
3.3 Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung
Herrschaft der Stärkeren oder der Willkür gilt es mittels der Herrschaft des
Rechts zu verhindern. Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz
müssen sowohl auf Föderationsebene als auch auf der Ebene der Gliedstaaten
garantiert werden. Über die Wahrung der Rechte der Bürger*innen wacht der
Oberste Gerichtshof der Europäischen Föderation, dem auch die rechtliche
Kontrolle der Institutionen der Europäischen Föderation obliegt. Er ist Hüter
der Verfassung und garantiert die dort verbrieften Grundrechte.
Ein funktionierendes Rechtssystem muss auch die Möglichkeit der effektiven
Durchsetzung gewährleisten. Die Verfasstheit der Europäischen Föderation und das
Ziel, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu errichten,
gebieten, das Polizeisystem und die öffentliche Verwaltung föderal zu
organisieren. Die föderale Polizei sollte dabei neben regionalen auch
bundesstaatliche Aufgaben übernehmen sowie den Außengrenzschutz der Föderation
organisieren. Die Bundespolizei und der Grenzschutz müssen rechtsstaatlichen
Grundprinzipien im Rahmen eines klaren Systems der Verantwortlichkeiten
verpflichtet sein.
4. Politik der Europäischen Föderation
4.1. Die Europäische Föderation im globalen Kontext
Wir sind überzeugt, dass Friedenssicherung in Europa und der Welt am besten
mithilfe der Europäischen Föderation möglich ist: demokratisch, sozial gerecht,
ökologisch sowie ökonomisch nachhaltig und mit Respekt für die Vielfalt der
Menschen in Europa und der Welt.
Die beständig fortschreitende Globalisierung erfordert stärkere globale
Kooperation. Dabei muss die Europäische Föderation die strategische
Unabhängigkeit und Integrität ihrer kritischen Infrastruktur gewährleisten
können.
Europa muss auf globaler Ebene geschlossen auftreten, um einen
Gestaltungsspielraum in der Weltpolitik zu haben und als verlässliche Partnerin
für andere Staaten aufzutreten. Gleichzeitig ist die Europäische Föderation nur
ein Zwischenschritt zum Weltföderalismus und wirkt einer Fragmentierung der
Weltgemeinschaft entgegen, wobei Europa nur ein Teil einer solchen Entwicklung
sein kann.
In der Außenpolitik müssen klassische Außenpolitik, Handels- und
Entwicklungspolitik sowie Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusammengedacht
werden. Zentral ist dabei die Einhaltung des Völkerrechts und insbesondere der
Menschenrechte.
Eine Erweiterung der Europäischen Föderation ist nur für Staaten möglich, welche
die Beitrittskriterien erfüllen und auch nachfolgend einhalten. Es sollen jedoch
auch enge Beziehungen zu Nachbarstaaten auf Augenhöhe – etwa durch Assoziationen
und Zollunionen – gepflegt werden, die nicht der Europäischen Föderation
beitreten wollen oder dies bisher nicht können. Die Einhaltung der
Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ist hierfür eine notwendige
Voraussetzung.
Die gemeinsame europäische Armee konstituiert sich aus den vormals nationalen
Streitkräften. Sie dient defensiven Zwecken, einschließlich der Kapazität zur
aktiven Teilnahme an völkerrechtlich legitimierten Missionen. Die Europäische
Föderation setzt sich für globale Abrüstung ein.
4.2 Wirtschaft und Nachhaltigkeit
Die Europäische Föderation schafft durch faire Regeln für den globalen
Wettbewerb, nachhaltige Ressourcennutzung und Schutz der Verbraucher*innen die
Grundlage für eine starke Wirtschaft. Damit sind der Schutz und die Bewahrung
unserer Natur, Klimaneutralität und die Einhaltung der Menschenrechte
Leitprinzipien unserer Art zu wirtschaften.
Sozial-ökologische Marktwirtschaft bedeutet für uns das Setzen stabiler
Rahmenbedingungen, zum Beispiel zur Verhinderung von Monopolen oder zum Schutz
der Arbeitnehmer*innen und der Umwelt. Die sozial-ökologische Marktwirtschaft
orientiert sich dabei stets an den Bedürfnissen der Menschen und wird dem Namen
nach durch soziale und ökologische Aspekte eingeschränkt.
Diese Grundsätze müssen im europäischen Binnenmarkt realisiert werden. Der
Binnenmarkt beruht auf der Freizügigkeit der Bürger*innen Europas sowie der
Freiheit des Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs.
4.3 Klima und Umwelt
Die Bekämpfung des Klimawandels als Bedrohung der gesamten Menschheit bedarf
globaler Lösungen. Europa muss einen massiven Beitrag leisten, um die
Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen und Klimaneutralität zu erreichen. Der
europäische Klimaschutz muss dringend sofort und effektiv vorangebracht werden,
unabhängig von dem Verhalten anderer Staaten. Europa muss Anstrengungen in Bezug
auf die Eindämmung der Folgen der Erderwärmung auch in den Ländern des globalen
Südens unterstützen.
Zur Bekämpfung des Klimawandels muss ein Ansatz gewählt werden, der die Ziele
des Pariser Klimaabkommens zwingend einhält. Alle Sektoren müssen
schnellstmöglich nachhaltig umgestaltet werden müssen. Wir fordern die
Einführung einer europäischen Energieunion, die den europäischen Energie- und
Ressourcenverbrauch klimafreundlich gestalten soll.
In diesem Sinne ist ein geschlossenes, gemeinschaftlich-europäisches Vorgehen
umso wichtiger, um der internationalen Herausforderung des Klimawandels gerecht
zu werden. Gerade weil der Klimawandel nicht an europäischen Grenzen Halt macht,
muss Europa schnellstmöglich Allianzen mit anderen Staaten bilden, um die
Erderwärmung und ihre Folgen global zu bekämpfen.
Die Europäische Föderation muss auch weitere Bereiche des Umweltschutzes wie
beispielsweise die Erhaltung der Biodiversität voranbringen.
4.4 Migration und Asyl
Die Europäische Föderation benötigt eine gemeinschaftliche Asyl- und
Migrationspolitik.
Im Bereich der Asylpolitik sind die Unantastbarkeit der Würde des Menschen sowie
internationale Abkommen grundlegend. Eine Asylbehörde auf Ebene der Föderation
entscheidet solidarisch und europaweit über Asylanträge.
Die europäische Migrationspolitik sollte sich unter anderem daran orientieren,
die Migration von Fachkräften und ihrer Familien zu fördern. Gleichwertige
ausländische Bildungs- und Berufsabschlüsse sollen anerkannt werden, damit eine
zügige Eingliederung in europäische Arbeitsmärkte ermöglicht wird und die
geltenden Qualitätsanforderungen eingehalten werden.
4.5 Währung und Haushalt
Die Europäische Föderation hat mit dem Euro und der europäischen Zentralbank
einen einheitlichen Währungsraum, der für wirtschaftliche Stabilität und
Wohlstand sorgt. Ein europäischer Finanzminister verwaltet den europäischen
Haushalt mit einem eigenen europäischen Finanzministerium.
Der europäische Haushalt unterliegt der Hoheit des Parlaments. Er speist sich
aus europäischen Steuern, welche von der Europäischen Föderation erhoben werden.
Eine vereinheitlichte Bemessungsgrundlage anderer Steuern würde die
wirtschaftliche Komplexität der Europäischen Föderation verringern. Steuerliche
Verpflichtungen sollten da anfallen, wo wirtschaftliche Aktivität stattfindet.
Steuerflucht seitens der Unternehmen einerseits und Steuerdumping durch die
einzelnen Gliedstaaten andererseits möchten wir so zuvorkommen.
4.6 Soziales
Mobilität und Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt erfordern soziale
Sicherheit. Die Europäische Föderation strebt gleichwertige Lebensverhältnisse
in allen Teilen der Europäischen Föderation an, einschließlich des Zugangs zu
sozialen Sicherungssystemen und der Arbeitnehmer*innenrechte.
Eine soziale Grundsicherung auf europäischer Ebene unterstützt und ergänzt die
sozialen Sicherungssysteme der Gliedstaaten.
4.7 Bildung, Forschung und Kultur
Die Europäische Föderation bewahrt und fördert die kulturelle Vielfalt Europas.
Im Bildungsbereich, der Zivilgesellschaft und der Verwaltung fördert sie deshalb
Mehrsprachigkeit.
Zur Bewahrung des kulturellen Erbes soll die Bildung möglichst föderal
organisiert sein. Der Wechsel zwischen Bildungssystemen muss aber reibungslos
stattfinden können. Eine Gleichwertigkeit der Bildungsabschlüsse in den
verschiedenen Gliedstaaten muss dazu gegeben sein.
Möglichkeiten des kulturellen Austausches zwischen unterschiedlichen Menschen –
insbesondere Schüler*innen, Auszubildenden und Studierenden – aus verschiedenen
Teilen Europas und anderen Teilen der Welt sollen durch die Föderationsebene
gefördert werden.
Fortschritt durch Forschung sowie trans- und interdisziplinäre Zusammenarbeit in
allen Feldern der Wissenschaften ist das Fundament unserer Gesellschaft. Deshalb
legt die Europäische Föderation hierauf einen starken Fokus. Die Vernetzung von
Wissenschaftler*innen innerhalb Europas wird deutlich ausgebaut. Eine starke
Ausstattung von Forschungsbudgets mit unbürokratischer Mittelvergabe legt die
Grundlage für europäische Spitzenforschung.
Auch die europäische Raumfahrt soll durch die Europäische Föderation unterstützt
werden. Eine Europäische Raumfahrtagentur, die mit angemessenen Mitteln
ausgestattet ist, verfolgt als primäres Ziel die wissenschaftliche Forschung.
5. Bürger*innen, Partizipation und Zivilgesellschaft
Partizipation begreifen wir als grundlegendes Prinzip für das Zusammenleben in
Frieden, Freiheit, Wohlstand und Vielfalt.
Wir zielen darauf ab, eine partizipatorische Kultur in Europa zu etablieren. Die
demokratische Verfasstheit der Föderation setzt voraus, dass die Bürger*innen
gleichberechtigt und inklusiv in allen gesellschaftlichen Bereichen teilhaben
und teilnehmen können. Kontroverse Auseinandersetzungen dürfen dabei nicht aus
der politischen Sphäre verbannt werden. Denn nach unserem Verständnis sind
Dissens und Konflikte für die gemeinsame Bewältigung von politischen
Auseinandersetzungen unerlässlich, da sie helfen können, Verständnis füreinander
zu entwickeln, einander anzuerkennen und gemeinsame Lösungen zu finden.
Vielfältige Gelegenheiten finden die Menschen, so respektvoll miteinander zu
kommunizieren sowie sich demokratisch, friedlich und konstruktiv in Europa zu
beteiligen: in der europäischen Bürger*innenschaft, Öffentlichkeit und
Zivilgesellschaft, in der politischen Bildung, im Erlernen vieler Sprachen und
u.a. in diversen europäischen Kultur-, Medien- und Parteienlandschaften.
Partizipation verstehen wir daher nicht allein als Instrument einzelner Akteure,
Bürger*innen und Interessengruppen. Vielmehr erachten wir sie als grundlegend
für das Zusammenleben in Europa, da sie Frieden und Gemeinschaft zu stiften
vermag. Eine partizipatorische Kultur in der Europäischen Föderation bedingt und
erfordert also transnationale Demokratie.
5.1 Europäische Staatsbürger*innenschaft
Die Einführung einer europäischen Staatsangehörigkeit ist unabdingbar für eine
transnationale europäische Demokratie, da diese die Zugehörigkeit aller
Europäer*innen zur politischen und sozialen Europäischen Gemeinschaft bedingt.
Damit werden alle Europäer*innen mit den gleichen Rechten und Pflichten
ausgestattet. Sie muss über die bisherige Unionsbürger*innenschaft hinausgehen,
da diese lediglich auf der jeweiligen nationalen Staatsangehörigkeit beruht.
Die europäische Staatsangehörigkeit soll neben dem Abstammungsprinzip
insbesondere über das Geburtsortprinzip vergeben werden. Um einer offenen und
inklusiven europäischen Gesellschaft gerecht zu werden, soll zudem der Erwerb
der Staatsangehörigkeit erleichtert werden, da Staatsangehörigkeit durch
Geburtsrecht einen Faktor globaler Ungleichheit darstellt. Darüber hinaus soll
der Erwerb der Europäischen Staatsangehörigkeit vereinfacht und hierfür mit
einer geringeren Regelaufenthaltsdauer verbunden sein. Voraussetzung für
den Erwerb der europäischen Staatsangehörigkeit ist jedoch stets die Anerkennung
der gemeinsamen Verfassung. Die Europäische Staatsangehörigkeit soll zudem offen
für Mehrstaatlichkeit sein und das Wahlrecht von Mehrstaatler*innen an deren
(Haupt-)Wohnsitz gebunden sein.
5.2 Europäische Zentrale für politische Bildung und Öffentlich-rechtlicher
Rundfunk
Wir setzen uns für den Aufbau einer Europäischen Zentrale für politische Bildung
ein, um allen Bürger*innen Europas eine unabhängige und überparteiliche
politische Bildung zu ermöglichen. Wir möchten mit europapolitischer
Bildungsarbeit nicht nur Wissen vermitteln, sondern die Bürger*innen bestärken,
aktive, demokratiebewusste und mündige Mitglieder der Europäischen Föderation zu
werden.
Zudem fordern wir, einen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk
aufzubauen, um eine unabhängige europäischeund mehrsprachige Berichterstattung zu ermöglichenpolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen in Europa zu ermöglichen sowie
einen Raum für die Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit zu schaffen. Die
gemeinsame europäische Öffentlichkeit ermöglicht den Bürger*innen, politische
Entscheidungen europaweit zu diskutieren und aktiv mitzugestalten.
5.3 Sprache und Kultur
Die Europäische Föderation ist ein multilingualer Raum. Die Aufgabe der
Sprachpolitik in der Europäischen Föderation besteht darin, einerseits die
Sprachenvielfalt Europas zu schützen – insbesondere mit dem Schutz für
Minderheitensprachen – und andererseits die Verständigung zwischen verschiedenen
Sprachgruppen auf dem Kontinent zu ermöglichen.
Wir fordern eine besondere Förderung des Fremdsprachenunterrichts in Schulen und
anderen Ausbildungsstätten, sodass die Europäer*innen direkt in verschiedenen
Sprachen miteinander in Kontakt treten können.
Darüber hinaus erkennen wir an, dass Übersetzung eine herausragende Rolle für
gegenseitige Verständigung in der Europäischen Föderation spielt. Aus diesem
Grund müssen Übersetzungsmöglichkeiten staatlich besonders gefördert werden.
Diese Förderung soll zum einen in verschiedene, spezielle Formen der
Übersetzung, zum anderen auch in die Entwicklung und Verbesserung von
technologischen Lösungen, wie beispielsweise Übersetzungsprogrammen, fließen.
Kunst, Kultur und Wissenschaft sind eng mit Sprache verknüpft. Daher muss auch
eine europäische Kulturpolitik die Vielsprachigkeit reflektieren. Das kann zum
einen beispielsweise durch Übersetzungs- und Filmförderung, aber auch durch die
Unterstützung kultureller Begegnungen oder soziokultureller Projekte geschehen.
6. Föderalismus
Wir sind davon überzeugt, dass ein föderales Europa am besten auf die
Herausforderungen einer globalisierten Welt antworten kann. In einem föderalen
System können Probleme bürgernah und transparent auf der Ebene gelöst werden,
die dafür am besten geeignet ist.
Wir streben ein verfassungsföderales Europa an. Eine gemeinsame Verfassung ist
nicht nur starkes Symbol und Garantin der europäischen Einigung, sondern dient
auch einem leichteren Verständnis des politischen Systems durch alle
Bürger*innen.
In der Föderation sollten alle Gliedstaaten gleichberechtigt sein, sodass
regionale Gestaltungsspielräume unterhalb der Gliedstaaten-Ebene weiterhin
möglich sein sollen.
Leitprinzip der Kompetenzverteilung muss die Subsidiarität sein. Subsidiarität
bedeutet für uns, dass Entscheidungen möglichst nah an den Bürger*innen und
damit auf der möglichst untersten politischen Ebene getroffen werden.
Subsidiarität hilft nach unseren Vorstellungen nicht nur, dass Entscheidungen
möglichst effektiv getroffen werden, sondern auch, dass alle europäischen
Bürger*innen aktiv bei der Gestaltung des föderalen Europas einbezogen werden
und sich mit diesem identifizieren. Ein zentraler Vorteil eines föderalen
Europas ist es auch, dass im Sinne eines Wettbewerbsföderalismus jede staatliche
Einheit nach Erfolg – wirtschaftlich, sozial, kulturell – und damit nach den
besten Lösungen für eine Problemlage strebt. Damit setzt sich im Idealfall die
beste Lösung durch. In diesem Fall wird es auch keine Akzeptanzprobleme in Bezug
auf die notwendige Solidarität geben.
Allerdings ist Föderalismus keine Pauschallösung für jegliches politisches
Problem. Darüber hinaus kann es in einem föderalen System auch zu Problemen bei
der Balance zwischen Demokratie und Föderalismus kommen: wie zum Beispiel bei
einem fehlenden Ausgleich von Über- und Unterrepräsentanzen – also einem
Ausgleich zwischen größeren und kleineren politischen Einheiten. Für uns sind
weder Föderalismus noch Demokratie verzichtbar und unser föderales Europa muss
daher einen gerechten Ausgleich von Demokratie und föderalen Elementen schaffen.
Uns ist bewusst, dass eine Föderation nur funktionieren kann, wenn sie von den
Bürger*innen verstanden wird. Zudem muss der Föderalismus auf allen politischen
Ebenen gelebt werden – Verträge oder eine Verfassung allein reichen nicht aus.
Deshalb ist die politische Bildungsarbeit für die JEF von großer Bedeutung.
Nach der Schaffung einer echten Europäische Föderation streben wir eine
Weltföderation an. Mögliche Aufgabengebiete sind insbesondere die
Friedenspolitik, der Umweltschutz oder notwendige globale Spielregeln für die
Wirtschaft und Finanzmärkte.
Das Herzstück der Arbeit der Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland zeigt
sich in diesem politischen Programm. In ihm spiegeln sich unsere Wünsche, unsere
Forderungen und unsere Vision des Europäischen Projekts wider. Wir denken Europa
mit, wir gestalten unsere Zukunft! Unsere Überzeugungen treiben uns an, für die
Europäische Föderation einzustehen, die wir uns für alle erträumen. Auch wenn
der Weg weit erscheint, gehen wir jeden Tag neue Schritte hin zur Verwirklichung
dieses politischen Programms und damit unserer Vision der europäischen Zukunft.
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